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Kristina Koch, SWEETSPOT Online Redaktion
Es ist ein sonniger kalifornischer Samstag Morgen auf dem Venice Boulevard in einem kleinem „Corner Café“ auf Abbot Kinney. Hier, wo man nur einige Gehminuten vom Strand entfernt ist, befinden sich zahlreiche überteuerte Boutiquen, Restaurants und Cafés. Es ist eine süße Strasse. Süß, weil sie charmant ist. Süß, weil sie das Gefühl einer „Beach City“ vermittelt. Süß weil es sich hier nichts nach Grossstadt anfühlt. Ganz so, wie ich es mag. Süß halt.
Ich bestelle mir einen Latte Macchiato mit Mandelmilch. Hafermilch vertrage ich nicht mehr so gut und Milch mochte ich noch nie. Hunger habe ich noch keinen. Es ist erst 9 Uhr morgens und ich faste in der Regel bis 13 Uhr. Eine hübsche blonde Serviererin bringt mir meinen Kaffee, lächelt mich charmant an und verschwindet schnell wieder zurück ins Café, wo sich schon einen lange Schlange bildet, da auch viele andere Leute ihre Kaffeesucht nach ihrem morgigen Yoga oder Pilates stillen müssen.
Neben mich setzt sich eine Frau, deren Namen, wie sie mir später verrät Ana ist. Sie trägt einen langen beigen Leinenrock, ein weisses übergroßes T-Shirt und schwarze Birkenstock Sandalen. Sie wirkt offen und leicht, aber hinter ihrer natürlichen Schönheit, scheint sie traurig zu sein. Aber sind wir es nicht alle manchmal? Ich frage mich, wie ich wohl gerade auf andere Menschen wirke.
Sie bestellt sich einen Latte Macchiato mit einem Schuss Vanille, schaut in meine Richtung und fügt hinzu: „ Wenn das Leben gerade nicht süß ist, musst du es dir halt selbst versüßen.“ Direkt ist sie mir sympathisch. Sie lächelt mich an und sagt: „Ich komme hier fast täglich hin und schreibe in mein Tagebuch. Ich habe irgendwo gelesen, dass es fast genau so hilft, wie eine Therapiestunde. Der einzige Unterschied ist nur, dass mich diese Therapiestunde nur 8$ kostet und nicht 150$.“ Wir lachen beide und ich füge hinzu, dass ich irgendwo gelesen habe, dass wenn du ein Problem aufs Papier bringen kannst, dann hast du die Hälfte schon gelöst. Wie wahr das ist. Auch ich schreibe fast täglich in mein Tagebuch und kann es nur bestätigen, dass ich mich im Nachhinein immer leichter fühle. Interessant, wie das funktioniert, oder? Es ist so, als ob du einfach alles ausspucken kannst, ganz egal was. Du kannst es einfach rauslassen.
Heute kommt Ana jedoch nicht dazu ihrem täglichen Ritual zum Journaling nachzukommen, da wir von einem Thema zum nächsten springen und es scheint so, als ob wir beide genau das gerade brauchen. Gegenseitig schütten wir unsere Herzen aus und sprechen über sehr verletzliche und persönliche Themen. Sie erzählt mir von ihrer Trennung mit ihrem Mann. Nach 8 Jahren Beziehung, hat er sie für eine neue verlassen. Verheiratet waren sie nicht. Sie hat es absolut nicht kommen sehen oder es nicht kommen sehen wollen, wie sie sich eingesteht. Sie ist aus Schweden, ihr Mann ist geborener Angeleno, geboren und aufgewachsen in Los Angeles (ob das wohl schon ein „red flag“ ist, dachte ich mir direkt – ich mit meiner typisch deutschen Angewohnheit direkt voreilig Vermutungen aufzustellen). Kinder haben sie keine. Eines Morgens beim Aufstehen, kam er raus mit der Hiobsbotschaft. Er liebt sie nicht mehr. Er hat eine Affäre und er hat Gefühle für die neue Frau. Er möchte raus aus dieser Beziehung. Er möchte raus aus dieser Wohnung, die sie beide vor 6 Jahren gekauft haben. Mir wird fast schlecht vom Zuhören. Welch ein Alptraum das ist. Von einer Sekunde zur nächsten ist ihr Leben, so wie sie es kannte, vorbei. „Das ist jetzt etwa 6 Wochen her und ich natürlich gehe ich durch viele Momente der Traurigkeit aber auch Wut. Gedanken wie, war ich nicht genug für ihn? Was hat die neue, das ich nicht habe? Wie kann er 8 Jahre einfach so wegwerfen? Wann hat er aufgehört mich zu lieben, etc. - Plagen mich Gott sei Dank nicht mehr. Ich habe für mich gelernt, dass der Schmerz in der Vergangenheit liegt und dass ich mich auf das Hier und Jetzt konzentrieren muss. Ja, eine Trennung ist sehr schwer. Vorallem wenn dein Selbstbewert -Gefühl davon abhängt. Sicherlich habe ich die Trennung einer 8 Jahre Beziehung in 6 Wochen nicht verarbeitet, aber ich habe es für mich mittlerweile akzeptieren können. Und mit etwas Abstand musste auch ich mir eingestehen, dass wir uns wahrscheinlich seit längerem schon auseinander gelebt haben. Dinge passieren so, wie sie passieren sollen. Ich war schon immer eine Kämpferin. Und auch das werde ich überstehen. Ich glaube daran, dass alles, was gut für eine Person ist, nicht schlecht für eine andere sein kann und lebe nach dem Motto – ‚let it be and let it go'. Fast immer tut das Festhalten einer Sache mehr weh als das loslassen.“ Spruch des Tages. Spruch des Tages, dachte ich mir.
Sie wirkt traurig und doch hoffnungsvoll zugleich. Traurigkeit macht Menschen zart, wie ich finde. Vielleicht ist es, weil im Falle einer Tragödie, Dinge die wir für so wichtig empfunden haben, plötzlich nicht wichtig sind und die, die wirklich wichtig sind nach vorne kommen. Menschen verlieren dann häufig ihre Fassaden. Als ob das Geschehen deine Seele pellt. Das, wie ich finde, ist schön. Traurigkeit kann schön sein. Und sie kann verbinden. So wie sie mich und Ana verbunden hat - zwei junge Frauen in ihren 30-igern, die eine authentische und ehrliche Konversation übers Leben an einem üblichen Samstag Morgen führen durften.
Dies ist ein Beitrag von Kristina Koch, Online-Redaktion.
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