
Warst du schon mal in Gebäuden, Orten und Umgebungen, wo einfach alles perfekt zusammenpasst? Farben, die du nie kombinieren wurdest, Materialien sorgfältig ausgewählt und andere Elemente ästhetisch zusammengestellt? Licht, das die Räume sanft berührt und mehr Raum schafft als zuvor. Kreative Lösungen werden innerhalb eines Musters angewendet, um ansprechende Schönheit zu erzielen. Harmonie und Ästhetik pur: Das ist der Job eines Innen- und Außendesigner wie Tancred Villuchi – Besitzer von Maison Villucchi (https://www.maison-vilucchi.com).
Tancred, wie war dein Arbeitsalltag vor Ausbruch der Pandemie?
„Anders“ – lacht er.
„Weißt du, meine Aufgabe ist es, die Arbeits- oder Lebensräume meiner Kunden zu studieren, zu verstehen, wer sie sind und was sie wollen, manchmal sogar bevor sie es selbst wissen.
Es geht darum, zu verstehen, wer mein Kunde ist, und ein Gefühl für ihn/sie zu bekommen. Dafür muss ich sie treffen, mit ihnen sprechen, ihnen in die Augen schauen und eine echte menschliche Verbindung aufzubauen – nur so versteht man jemanden.
Nenn mich altmodisch, aber da ich aus Europa komme, schätze ich immer noch persönliche Gespräche – echte soziale Interaktion. Ich bin ein Designer, ich bin ein Künstler. So macht man seine Arbeit richtig, weißt du. Nachdem ich meine Kunden treffe und mir ein besseres Bild und Verständnis davon gemacht habe, wonach sie suchen, gehe ich auf die Suche nach Materialien, Farben, Mustern und Möbeln. Ich muss es fühlen und vergleichen, und zwar mit meinen Händen, nicht mit meinen Augen.“

Wie hat sich während der Pandemie deine Herangehensweise geändert?
„Natürlich wurden Meetings sofort hauptsächlich über Zoom abgehalten. Versteh mich nicht falsch, ich bin froh, dass es Lösungen für alles gab und dass ich noch irgendwie meinen Job machen konnte. Aber es war einfach nicht dasselbe. Du hast einfach nicht das gleiche Gefühl für deine Kunden, was meinen Job viel schwieriger macht.“
Wie war dein Geschäft von der Pandemie betroffen?
„Glücklicherweise wird mein Bereich als „wesentlich“ angesehen und deshalb musste ich nie aufhören zu arbeiten oder mein Unternehmen schließen. Ich war also nicht direkt von den Lockdowns betroffen. Aber die Art und Weise, wie ich meinen Job machte, war viel schwieriger. Ich fühlte mich zu meiner Arbeit und demnach zu meinen Kunden nicht mehr gleich verbunden.
Die Auswahl von Materialien und Stoffen war ebenfalls eine Herausforderung. Es fehlte an Produkten, ich musste Lieferanten im Ausland kontaktieren, um so viele Produkte wie möglich zu bekommen. Alles dauerte viel länger, um versendet zu werden, und manchmal verdreifachte sich der Preis sogar. Wir mussten mit größeren Verzögerungen bei der Fertigstellung der Aufträge und mussten Kunden die weitaus höheren Endpreise rechtfertigen.
Insbesondere die jüngere Generation von Kunden hatten Schwierigkeiten, Verzögerungen beim Versand zu verstehen.“
Würden du sagen, dass dein Geschäft sich während der Pandemie verlangsamt hat?
„Mit Sicherheit!
Am Anfang hatte ich Glück, denn ich arbeitete an einem großen Job mit einem tollen Kunden, der immer sehr verständnisvoll für die Umstände war und das ursprüngliche Projekt während der Pandemie sogar auf das ganze Haus ausweitete. Sie hatten die Ressourcen und die Zeit, um es umzusetzen.
Aber nach Abschluss dieses Projekts bekam ich keine Aufträge mehr. Nichts. Es schien mir, dass die Menschen in der damaligen Unsicherheit nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Häuser und Portemonnaies schlossen. Einige wollten nicht mehr Geld investieren und die Dinge so lassen, wie sie sind, da sich ohne hin schon alles andere änderte.
Zudem erhielt ich die meisten Anfragen durch Mundpropaganda. Sobald ein Projekt zur vollsten Zufriedenheit meiner Kunden abgeschlossen war, wurden Freunde und Familie eingeladen, um die fertiggestellten Hauser zu präsentieren. Die Leute liebten es und fragten direkt nach meinem Kontakt. So habe ich Verbindungen hergestellt und neues Business erhalten. Da aber wahrend der Pandemie Leute kaum ihre Türe geöffnet haben, war da nicht viel Business für mich dabei.“

Wie bist du mit dem emotional umgegangen?
„Ich halte mich generell für einen sehr positiven Menschen. Es gibt immer einen Weg, Dinge zu lösen, und ich wollte nicht an das Ende der Welt glauben. Ich hatte 6-8 Monate lang kein einziges Projekt. Das war beängstigend und sicher nicht einfach. Ich habe getan, was meiner Meinung nach viele Menschen gemacht haben oder zumindest hätten tun sollen: Ich habe meditiert und mir Zeit für mich selbst genommen. Ich habe viel gekocht und mir ab und zu guten Wein gegönnt. Ich denke, dass mich diese Zeit zu einer besseren Version meiner Selbst gemacht hat und ich daher einen besseren Service bieten kann.“
Glaubst du, du hättest etwas anders machen können? Hättest du besser vorbereitet sein können?
„Weißt du, ich habe Freunde im selben Arbeitsfeld und deren Geschäft ist während der Pandemie völlig EXPLODIERT, während meines stagnierte. Rückblickend macht es jedoch Sinn, denn sie verfügten über einen riesigen Kundenstamm, der ihnen vertraute und seit Jahren mit ihnen zusammen gearbeitet hat. In dieser Hinsicht war es für sie trotz Materialmangels und Verzögerungen ein großer Erfolg. Für Kunden, die keine Geldsorgen hatten, war die Pandemie ein perfekter Zeitpunkt ihre Häuser zu verändern bzw. zu verbessern.
Meine Firma war zu dieser Zeit ziemlich neu und ich hatte damals noch keinen großen Kundenkreis. Und demnach nicht viel Business. Ich glaube nicht, dass ich hätte besser vorbereitet sein können. Das einzige, was ich sagen muss, ist, dass meine Social-Media-Präsenz sicherlich besser hätte sein können. Und daran arbeite ich momentan. Ich war nie ein Fan von Social Media und habe es eher als Gehirnwäsche verstanden. Nun verstehe ich, dass es auch ein großartiges Werkzeug sein kann, um Menschen mit meiner Arbeit in Verbindung zu bringen, so funktioniert diese Generation und ich muss mich nach und nach daran gewöhnen.
Dinge ändern sich, wir ändern uns. Insgesamt arbeiten wir jetzt generell mehr virtuell, was ich nicht besonders mag. Ich mag Kultur und Leidenschaft und glaube immer noch an echte menschliche Interaktion. Am Ende des Tages sind wir hier, um uns zu verbinden.
Und ich hoffe wirklich, dass wir uns viel besser um diese Welt kümmern werden, damit so etwas nicht noch einmal passiert.“
Dies ist ein Interview von Kristina Koch, Redakteurin.