
Birte Wentorp ist eine Frau mit vielen Ideen. So gab es ursprünglich, bevor sie sich letztendlich zur Gründung von ihrem heutigen Business Safily entschieden hat, einige potenzielle Businessideen, die durchgedacht, aber dann schlussendlich doch wieder verworfen wurden. Heute setzt sie sich mit Safily in Sachen Fashion-Tech für Schwangere und Kinder ein, die sich und vorallem ihre Kinder mit strahlensicherer Kleidung schützen sollen. Im Interview haben wir spannende Einblicke in ihre Gründung bekommen, was ihr Umfeld von ihrer Idee hielt und warum sie sich auch heute noch kein Gehalt auszahlt.
Liebe Birte, was hast du vor deiner Selbstständigkeit gemacht?
Nach meinem Master in International Business in Boston und San Francisco bin ich in den USA geblieben und habe ein Jahr lang als Business Development Manager in einem Startup im Silicon Valley gearbeitet – einem Hochzeitsstartup. Anschließend bin ich zurück nach Deutschland gezogen und habe einen Job als IT-Beraterin in München angenommen. Ich wollte mich schon immer selbständig machen und einen Beitrag für die Gesellschaft leisten und da sich die Anstellung nicht mit meinen Werten deckte, entschied ich mich zu kündigen – ohne finale Idee, in welche Richtung es eigentlich gehen sollte.
Wann kam dein Bewusstsein dafür, dass es dein Produkt braucht?
Im Sommer letzten Jahres. Durch eine glückliche Begegnung wurde ich auf das Thema 5G – die neue Generation des Mobilfunks – aufmerksam und begann, mich damit zu beschäftigen. Ich las mich durch sämtliche Studien und Berichte zum Thema 5G, Mobilfunkstrahlung und elektromagnetische Strahlung im Allgemeinen und stellte fest, dass die gesundheitlichen Risiken durch Strahlung weit gravierender waren, als ich vorher gedacht hatte. Dass die von unseren elektronischen Geräten wie Handys, Tablets, Laptops und Babyphonen ausgehende Strahlung besonders für (ungeborene) Babys und Kinder ein Vielfaches schädlicher ist, als für uns Erwachsene, traf mich besonders. Vor allem, da sich viele Eltern der Gefahren nicht bewusst sind. Schwangere haben ihr Handy oder ihren Laptop oft viel zu nah an ihrem Bauch oder in der Nähe des Babys und viele Eltern geben ihren Kindern sogar ihr Handy zum Spielen in den Kinderwagen. Ja – elektromagnetische Strahlung ist kein so schönes Thema, wie der nächste Besuch im Disneyland, aber es ist eben präsent. Es geht um die Gesundheit unserer Kinder und sollte somit ernst genommen werden. Genau hier setzt Safily an und stellt Produkte her, die durch ihre abschirmende Wirkung einen Mehrwert bieten und dabei stylish sind. Auch die Aufklärung schwangerer Mütter und junger Eltern liegt mir besonders am Herzen.

Du wolltest dich ursprünglich mit einem anderen Konzept selbstständig machen. Was war das und warum war Safily dann eher das Pferd auf das du schlussendlich gesetzt hast?
Ja, das ist richtig. Genau genommen war es nicht nur „ein anderes Konzept“ – es waren einige. Schon während meines Bachelors hatte ich verschiedene Ideen, von denen aber keine die final Richtige schien. Während ich dann in San Francisco war, arbeitete ich nebenbei mit einer Freundin an einem Produkt, das Wildunfälle in den USA verringern würde. Später dann war es eine Idee meines Vaters im zahnmedizinischen Bereich: eine elektrische Spritze für Abformungen. Ich hatte sogar ein Gespräch mit einem Anwalt in San Francisco und das „provisional Patent“, die grobe Funktionsweise, das Design, den Namen, die Domain und das Logo fertig, aber leider keinerlei Ahnung von elektronischen Gewinden und keine $120.000 für einen Prototyp, wie ein Investor schätzte. Exakt dasselbe Produkt gibt es übrigens mittlerweile auf dem Markt – blöd. Der letzte konkrete Ansatz, den ich vor Safily verfolgte, war ein Selbstverteidigungsprodukt für Frauen, das verschiedene Features beinhaltet hätte und somit um einiges sicherer gewesen wäre, als alles derzeit auf dem Markt Vorhandene. Raub, Überfälle, Vergewaltigungen, Mord und Totschlag waren jedoch nicht ganz die Themen, mit denen ich mich längerfristig auseinandersetzen wollte und so schied auch dieses Konzept aus. Safily fühlt sich hingegen richtig an: Ein Produkt, das einen Mehrwert bietet, ein positiver Themenbereich rund um Schwangere, Babys und Kinder und eine Produktentwicklung, die ich selbständig durchführen kann. Zwar habe ich weder eine Schneiderlehre, noch Kinder, aber dafür bin ich lernbereit, zielorientiert und habe Commitment.
Zusätzlich zu Safily habe ich einen Blog gestartet – „Start and don’t give up“ – der meine Selbständigkeit begleitet.
Wie schwer war es eine gewisse Technologie zu entwickeln um deine Kleidung strahlensicher zu machen? Wie hast du das gemacht?
Die abschirmenden Stoffe stelle ich nicht selbst her, sondern beziehe sie von Unternehmen, die sich in jahrzehntelanger Detailarbeit mit der Technologie beschäftigt haben. Die abschirmende Wirkung funktioniert über ein Feinstsilbergerüst im Stoff, das die Strahlung durch Silber als leitendes Metall reflektiert. Die abschirmende Wirkung wurde im Rahmen eines Gutachtens von Professor Pauli von der Universität der Bundeswehr in München bestätigt. Besonders ist zudem, dass der Stoff – anders, als manch einer vielleicht denken würde – wahnsinnig leicht, elastisch und weich ist und die Produkte somit kaum von anderen ohne abschirmender Wirkung zu unterscheiden sind.
Welche Investition hast du bei Unternehmensgründung mitgebracht und wie hast du dich finanziert?
10.000 Euro. Ich habe mich bei der Wahl der Geschäftsform für eine Unternehmergesellschaft, UG (haftungsbeschränkt), auch als „Mini GmbH“ bekannt, entschieden, da ich hierbei das Startkapital frei wählen konnte und zudem nicht privat haftbar bin. Die gewählte Stammkapitaleinlage habe ich während meiner Festanstellung zur Seite gelegt. Privat erhielt ich den Gründungszuschuss, der dem Arbeitslosengeld plus einem Betrag für die soziale Absicherung entsprach. Da ich mir noch immer kein Gehalt zahle, werde ich die nächsten Monate von weiteren Ersparnissen leben und bin auch einem Nebenjob gegenüber nicht abgeneigt.
Credit: Safily
Hattest du – besonders am Anfang – Momente, an dem du dein Konzept bzw. dessen Umsetzung angezweifelt hast?
Absolut! (lacht). Davon hatte ich sogar einige. Was mich anfangs besonders getroffen hat, war die Tatsache, dass zwei enge Freunde mir ziemlich deutlich sagten, was sie von meinem Konzept hielten – nämlich nichts. Besonders am Anfang kann einen so etwas ziemlich herunterziehen. Hinzu kam, dass ich als Sologründerin komplett auf mich alleine gestellt war und somit jede einzelne Entscheidung und jeder Punkt auf der To-Do-Liste bei mir lag. Natürlich konnte ich mich mit meinem Freund, meiner Familie und meinen Freunden über manche Themen unterhalten und diese um Rat fragen, aber es ist eben etwas Anderes, mit jemandem im gleichen Boot oder zumindest am gleichen Tisch zu sitzen, als jemanden nach einem langen Tag nach seiner Meinung zu fragen, oder in der Eile am Telefon zu erwischen. Ich hatte einige Höhepunkte und noch mehr Tiefpunkte während meiner Gründung, die mich ab und an ins Wanken versetzten, aber nie zum Aufgeben oder Anzweifeln von Safily trieben. Dafür empfinde ich die wissenschaftliche Beweislage und die damit verbundene Notwendigkeit abschirmender Kleidung als zu offensichtlich notwendig.
Würdest du sagen, dass dein Konzept heute so ziemlich dem entspricht, was es ursprünglich war, oder hast du mittlerweile Kurskorrekturen vorgenommen?
Ja, Safily entspricht so ziemlich dem ursprünglichen Plan. Nur kleine Änderungen und Abweichungen hat es bisher gegeben, wie beispielsweise die Entscheidung, eines der zuvor angedachten Produkte vorerst wegzulassen. Da ich ständig dazu lerne, baue ich dementsprechend viel Wissen auf, was ich für den ursprünglichen Plan nicht hatte. Nicht starr auf die vorigen Vorstellungen fokussiert zu sein, ist somit besonders wichtig. Nur dann kann ich einen wirklichen Mehrwert bieten und dadurch auch erfolgreich sein. In welche Richtung sich Safily weiter entwickeln wird, wird sich zeigen. Ich bin Feedback und Tipps und Kooperationen gegenüber aufgeschlossen und freue mich auf all das, was kommt.