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Ohne Spiritualität, wäre ich an meinen Herausforderungen zerbrochen


Kristina Koch, SWEETSPOT Online Redaktion


Tolles Wetter rund ums Jahr, zahlreiche Obst- und Gemüseplantagen, nette und irgendwie etwas glücklicher wirkende Menschen und kilometerweite, sowie tiefe Strände, ist es, was ich von Kalifornien erwartet habe, bevor ich hierher zog. Und ich wurde keineswegs enttäuscht. Jedoch eine Sache habe ich absolut nicht erwartet: Das enorme Angebot rund ums Thema Spiritualität – die Masse an Yoga-Klassen, Meditations-Zentren, zahlreichen Geschäften voll von Räucherstäbchen, Klangschalen, Kristallen und Ölen, Atemtherapeuten und Alternativmedizinern.




Wo immer du auch bist, sei ganz dort.
Eckhart Tolle



Wenn du an Hier in Kalifornien sind die Menschen definitiv weitaus offener für Spiritualität und so fand ich mich oft in Situationen wieder, in denen ich mit wildfremden Menschen übers Universum, Energien und Meditation unterhalten konnte, ohne diesen mir so vertrauten Blick zu kassieren, der dir ganz klar vermittelt: ‚Na, jetzt ist sie ganz durch geschnappt’!


Ich muss zugeben, dass gerade ich, noch vor ein paar Jahren mit dem Thema Spiritualität nichts anfangen konnte. Nach dem Motto: „Was ich nicht sehe, verstehe und glaube ich nicht“, fiel es mir sehr zunächst schwer den Zugang dazu zu finden. Insbesondere weil auch in meinem Kopf, wie auch vieler anderer, das Bild von verrückten und realitätsfernen Hippies schwirrte, die sich nachts ihre Engelkarten legen. Und doch wusste ich schon immer, dass nicht alles was wir sehen, Realität ist und nicht alles was real ist, wir unbedingt sehen können. Vor allen Dingen spürte ich, dass es mehr gibt, als wir jemals in der Lage seien werden wissenschaftlich erklären zu können.

Doch was heißt Spiritualität überhaupt? Heißt es, du musst dich plötzlich für Kristalle und ihre ‚heilenden’ Eigenschaften interessieren, oder täglich Räucherstäbchen anzünden? Dir die Haare wachsen lassen und als Hippie der Neuzeit das Stadtleben hinter dir lassen? Deinen Job kündigen und in den Wald ziehen? Und wie habe ich, als studierte, wissbegierige Bauingenieurin mit einer wissenschaftlichen Ausbildung und dem Drang alles rational erklären zu müssen, Zugang zu diesem Thema gefunden?

Ich vor ungefähr fünf Jahren an einer starken Darmentzündung litt, die trotz (oder weil?) wochenlanger Antibiotika-Einnahme mir nicht zu Heilung verhalf, war ich ratlos, verzweifelt und einfach nur müde. Ich konnte kein Essen genießen, musste ständig auf Toilette und ich wollte einfach nur die meiste Zeit zu Hause verbringen. Die Wende kam, als mein damals behandelnder Arzt, der selbst nicht mehr weiter wusste, mir, die voller Frustration bereit war aus der Tür zu gehen, hoffnungsvoll und irgendwie aufmunternd hinterherrief: „Werd’ glücklich, und dann wirst du auch wieder gesund!“


„Werd’ glücklich, und dann wirst du auch wieder gesund???“ – „Wie bitte?“- dachte ich mir leicht empört. Aber es stimmte. Ich war nicht glücklich und doch hatte ich alles, was man brauchte, um glücklich sein zu können, ja es sogar zu müssen! Da las ich in einer Zeitschrift einen Artikel über Eckhart Tolle, spiritueller Lehrer und Bestsellerautor, in dem sein Buch „Eine neue Erde“ vorgestellt wurde. Ich bestellte das Buch und der Slogan „Happiness is an inside job“, bekam eine zentrale, wenn nicht sogar die wichtigste Bedeutung in meinem Leben und somit begann auch mein „spiritueller“ Pfad.


Zwei Jahre später zog ich mit meinem damaligen Partner nach Kalifornien. Perfekt für mich. Ich sprach schon von klein auf davon in der Sonne leben zu wollen! Weit entfernt von der Familie, zwischen der warmen kalifornischen Sonne und den unendlich wirkenden Stränden, hatte ich genügend Zeit in mich zu gehen, und raus zu finden, was ich mit meinem Leben wirklich machen möchte. Ich startete einen Food-Blog und fand meine Liebe zum kochen, fotografieren und schreiben. Ich genoss es, mich endlich kreativ ausleben zu können und konnte mir unter keinen Umständen mehr vorstellen jemals wieder als Bauingenieurin zu ar

beiten.


Doch wie das Leben manchmal so spielt, ging meine Beziehung zu Bruch und ich musste viele Entscheidungen in nur sehr kurzer Zeit treffen. Ziehe ich zurück nach Deutschland? Bleibe ich hier? Werde ich wieder als Bauingenieurin arbeiten? Was passiert mit unserem gemeinsamen Hund? Fragen über Fragen auf die ich keine Antworten hatte.


Weit weg von meiner gewohnten Umgebung, meiner Familie und Freunde, war das die mit Abstand schwierigste Zeit meines Lebens. Ich fühlte mich sehr einsam, machtlos und war wie erstarrt. Mir stand eine schwere und ziemlich unangenehme Zeit außerhalb meiner Komfortzone bevor und das war mir sehr bewusst.


Ängste vor der ungewissen Zukunft und Schuldgefühle der Vergangenheit blockierten mich ungemein und machten es mir sehr schwer das Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Ich wusste, dass ich mich besinnen und in mich gehen musste, um überhaupt wieder klar sehen zu können.


Ich fokussierte mich auf Dinge, die ich beeinflussen und ändern konnte und ließ die, die ich nicht ändern konnte einfach zu. Die Dinge waren nun mal so, wie sie sind und nicht wie ich sie haben wollte. Und das war ok.



Ich laß etliche spirituelle Bücher und versuchte Antworten und Ratschläge darin zu finden. Die Kernaussage jedes dieser Bücher war die gleiche: Leben im „Hier und Jetzt“ sei die Lösung für die meisten Probleme. Und es macht Sinn, wenn man darüber nachdenkt: Ist bislang jemals etwas in der Vergangenheit oder Zukunft passiert? Nein! Alles passiert immer im jeweiligen Moment. Ich verstand, dass die Gegenwart alles war, was ich hatte und jemals haben werde. Lebe ich in der Vergangenheit, fühle ich mich schuldig und die Ungewissheit der Zukunft ruft Angst in mir hervor. Ich laß auch, dass insbesondere Meditation dabei helfen würde, Ruhe und Verbundenheit im gegenwertigen Moment zu finden. Und so meditierte ich. Tag ein, Tag aus. Aus zehnminütigen Meditationen wurden stündliche Meditationen. Aus kurzen Spaziergängen wurden lange Spaziergänge, bei denen ich Achtsamkeit und Aufmerksamkeit praktizierte. Ich machte täglich Yoga und konzentrierte mich auf das, was in dem jeweiligen Moment geschah. Wenn ich weinen musste, weinte ich. Und ich weinte viel! Ich ließ all meine Gefühle zu und versuchte einfach zu sein.


Ich erinnere mich sehr gut an den Moment, an dem sich alles für mich änderte. Es war ein kühler, verregneter Januar Morgen hier in Kalifornien, an dem ich mit meinem Hund einen Spaziergang machte. Ich schaute mir die Bäume an, hörte den Vögeln zu und beobachtete vorbeiziehende Wolken. Meine täglichen Meditationen und Achtsamkeitsübungen schlugen Früchte, als mich wie ein Schlag das starke Gefühl von Frieden und Zuversicht traf und ein warmes, angenehmes Gefühl hinterließ. Es war fast schon so, als wenn sich ein dicke, schützende Decke um mich herum schlug und mich warm hielt. Die Umstände, in denen ich mich befand waren die gleichen, wie Tage und Wochen zuvor und doch verspürte ich eine deutliche Änderung in mir. Ich fühlte mich plötzlich mehr mit der Natur und mit mir selbst verbunden. Ich fühlte mich nicht mehr allein, ich war zuversichtlich und hoffnungsvoll. Und irgendwie ruhig. Ich wusste, dass alles gut ist und dass, was auch immer es ist, Universum/Gott, oder wie auch immer man es nennen möchte, mich grenzenlos dabei unterstützt, ein erfülltes Leben zu führen. Ich hatte eine starke Vision davon, wie ich mein Leben leben möchte und weit weg von Angst und jeglicher Blockaden, eröffneten sich mir Optionen und Wege, die ich vorher nicht sehen konnte. Ich weiß nicht, wie ich erklären soll was in dem Moment geschah, aber es war wie eine Art Erwachen. Ich fokussierte mich auf Dinge, die ich beeinflussen und ändern konnte und ließ die, die ich nicht ändern konnte einfach zu. Die Dinge waren nun mal so, wie sie sind und nicht wie ich sie haben wollte. Und das war ok. Mein ganzer Fokus war hauptsächlich auf meinem inneren Frieden und nicht auf äußere Umstände gestellt. Nach und nach konnte ich Antworten auf all meine Fragen finden und bin bis heute mit diesen Entscheidungen sehr zufrieden.



Heißt das nun ich bin spirituell? Keine Ahnung!

Für mich bedeutet Spiritualität in erster Linie, was in mir passiert und nicht, wie ich nach außen hin wirke. Es bedeutet auch dankbar zu sein, für die so oft für selbstverständlich genommenen Dinge, wie die Sonne, den Himmel, Bäume und Tiere, für den Menschen neben dir und sogar für dich selbst. Es bedeutet Verbundenheit zu fühlen mit der Natur und den Menschen um dich herum, und diese als ein Teil von dir anzuerkennen. Es bedeutet, seine Emotionen zu beobachten und sich auch mal von ihnen entfernen zu können und zu verstehen, dass du mehr als deine Emotionen bist. Es bedeutet, das Leben mit offenen Herzen und Freude zu leben, so wie wie es uns Kinder wunderbar vorzeigen, und den Ansporn zu haben, sich zu entwickeln, Beziehungen authentisch zu führen, sie auszubauen und diese als Chance zum Wachsen zu sehen. Es bedeutet auch, andere Menschen und sich selbst mit Liebe zu begegnen. Es bedeutet vor allen Dingen, für deinen Körper zu sorgen, sich ausreichend an der frischen Luft zu befinden, genügend zu schlafen und sich mit frischen und gesunden Lebensmitteln zu versorgen. Mit Sicherheit ist das nicht an einen Ort, Job, Situation oder Aktivität gebunden. Aber ich denke, dass es definitiv leichter fällt, wenn dein Umfeld es unterstützt.

Sehr schnell lernte ich hier in Los Angeles Gleichgesinnte kennen, die auf ihre persönliche Art ihren Zugang zur Spiritualität fanden und es ergaben sich wundervolle Freundschaften. Wir treffen uns zu regelmäßigen Gruppen- Meditationsabenden zu Hause oder in der Natur, in denen wir gemeinsam ruhig werden und dem oft hektischen Los Angeles entfliehen. Dabei erinnern wir uns, was wirklich zählt im Leben und kalibrieren dadurch unseren Fokus immer wieder aufs Neue. An anderen Abenden arbeiten wir Seite an Seite an unseren Vision-Boards und versuchen durch gegenseitige Hilfe und Unterstützung fern von Angst oder den uns auferlegten Glaubensgrundsätzen unsere eigene Lebensaufgabe zu finden.


Was auch immer man Los Angeles nachsagen mag, mich hat diese Stadt verändert; ob es an der Stadt liegt, meinen persönlichen Erfahrungen oder der Kombination aus beiden. Wenn ich jetzt zurückblicke, dann sehe ich ganz klar wie, mir die Spiritualität dabei half zu mir selbst zu finden und das Glück im jeweiligen Moment zu spüren. Der positive Nebeneffekt war, dass ich Entscheidungen nicht aus einem Ort der Angst, sondern aus Liebe und Hoffnung treffen konnte. Die Kristina vor nur fünf Jahren wäre mit der damaligen Weltanschauung an dieser Herausforderung zerbrochen. Sie hätte ihre Sachen gepackt, alles hinter sich gelassen und einfach zurück nach Deutschland gegangen. Sie wäre vor sich selbst geflohen und hätte somit eine Chance zum Wachstum nicht wahrgenommen. Also meditiere ich fleißig weiter und versuche besser als gestern zu sein.


Dies ist ein Beitrag von Kristina Koch, Redakteurin.


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